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Auf dem Regenstein im nördlichen Vorharz steht eine uralte Felsenburg. Wer sie gebaut hat und wann, weiß kein Mensch mehr zu berichten. Einstmals aber kam diese Burg in die Hände von Rittern, die sich nach dem Felsen Regenstein benannten. Sie wurden zu einem bekannten und gefürchteten Grafengeschlecht, welches sich ein Wappen zulegte, das ein Hirschgeweih führte.

Grafik von Lisa BergEiner dieser Grafen, Friedrich genannt, blieb ohne Kinder und somit ohne Erben. Er und seine Gemahlin trauerten sehr darüber, dass ihr Geschlecht nun mit ihnen erlöschen sollte. Auf der Burg gab es aber einen sehr tiefen Felsenbrunnen. In dem wohnte der Geist eines Ahnherrn, der mitunter Rat erteilte oder die Zukunft voraussagte.

Daher bat die Ehefrau ihren Mann, den Geist doch zu befragen, was zu tun sei, damit ihr Geschlecht überleben könne. Um die Mitternachtsstunde des Marientages ging der Graf also zum Burgbrunnen und wie erhofft, erschien auch der Geist und sprach: „Was ihr erhofft, wird in Erfüllung gehen.“ Daraufhin fragte der Graf den Geist, ob für ihn denn keine Erlösung möglich sei.

Der Geist sah dem Grafen tief in die Augen und sagte: „Wenn der Regenstein in Trümmern liegt, werde ich erlöst sein“ und dann verschwand er. Das seien schlechte Aussichten, dachte sich der Graf, denn dass diese mächtige Felsenburg je in Trümmern liegen könnte schien ihm undenkbar.

Die Weissagung des Brunnengeistes aber traf zu, denn noch im selben Jahr schenkte die Gräfin einem gesunden, kräftigen Knaben das Leben, der den Namen Konrad erhielt. Und im darauf folgenden Jahr wurde ein weiterer Knabe geboren, der Helmold genannt wurde. Bei dessen Geburt erschien der Brunnengeist und verkündete: „Dieser Knabe wird meine Erlösung sein, so wie er meinen Namen führt.“ Damit hatte sich offenbart, dass der Geist jener furchtbare Ahnherr Helmold von Regenstein war.

Helmold, der Letztgeborene des Grafenpaares, war schwer zu erziehen. Nichts nahm er sich an, dann verließ er sein Elternhaus und wurde ein Räuberhauptmann. Nachdem seine Eltern gestorben waren, verlangte er von seinem Bruder Konrad sein Erbteil. Dieser verweigerte es seinem Bruder jedoch und so eroberte Helmold mit seiner Räuberschar die Burg und zwang Konrad seinen Erbteil ab. Dann versöhnte er sich wieder mit seinem Bruder und verleitete ihn sogar dazu in seiner Räuberschar mit zu wirken. Der Regenstein wurde zum Raubnest und der Herzog von Braunschweig kam mit seinen Truppen um diesem Treiben ein Ende zu bereiten. Er belagerte die Burg, nahm sie ein und zerstörte alles, was erbaut und nicht aus Fels war. Da ist der Geist das letzte Mal aus seinem Brunnen aufgestiegen, denn der Regenstein lag in Trümmern und er war erlöst und konnte seine ewige Ruhe finden.    


gezeichnet von Lisa Berg

 
Sagen, Mythen und Legenden aus dem Harz, Bd. 3
Bernd Sternal (Autor), Lisa Berg (Autor + Zeichnungen)
Sagen, Mythen und Legenden - Band 3Unser dritter Band „Sagen, Mythen und Legenden“ unternimmt, wie seine Vorgänger, eine literarische Reise quer durch die Harzregion. Auch diesmal wird wieder von den Menschen der Region, von geschichtlichen Ereignissen, von der vielschichtigen Landschaft und von unerklärlichen Ereignissen und Begegnungen erzählt. Wir möchten bei der Lektüre Ihre Phantasie noch mehr anregen, denn die ist bei Sagen ein unentbehrliches Instrument. Daher hat die Illustratorin, nach Möglichkeit, die jeweiligen Handlungsorte, seien es Gebäude, Felsformationen o.a. in den Illustrationen noch intensiver bildlich dargestellt. Lassen Sie sich erneut entführen in eine alte, längst vergangene Zeit und freuen Sie sich schon auf den nächsten Band.
Gebundene Ausgabe: 29,90 €
148 Seiten mit 47 farbigen Illustrationen

Taschenbuch: 14,99 €
148 Seiten mit 47 schwarz-weiß Illustrationen

 
 
   

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