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Das Schloss Herzberg liegt auf den letzten südwestlichen Ausläufern des Harzgebirges. Unterhalb des Schlosses befinden sich zwei große Teiche. Der eine heißt Jües und der andere wird Ochsenpfuhl genannt.
Der erstere, an der Ostseite des Schlosses gelegen, verwundert zuweilen mit merkwürdigen Erscheinungen, bei denen verfaulte Tannenstämme empor tauchen, obwohl in der Nähe keine Tannen wachsen. Die Mitte des Teiches gilt beim Volke als unergründlich und bei klarem Wetter soll man alte Gemäuer auf seinem Grund erblicken können. Der Sage nach soll dort vor vielen Jahren ein Graf gehaust haben, der ein wildes und gottloses Leben geführt haben soll. Da er sich trotz aller Warnungen nicht zu Gott bekehrte, sondern nur nach seinen Gelüsten gelebt haben soll, versank eines Tages sein Schloss unter Donner und Blitz in einem Erdschlund. Dann soll Wasser empor getreten sein und bedeckte die Gemäuer geheimnisvoll in schauriger Tiefe.

Der andere Teich, der Ochsenpfuhl, liegt dicht am Schlossberg und wird wohl durch verborgene Quellen genährt, denn sichtbaren Zufluss hat er nur selten. Er fließt in eine dunkle Felsenschlucht ab und wo sein Abfluss einmündet weiß keiner zu sagen.

Um die Entstehung dieses Erdfallteiches rankt sich folgende Sage:

Vor einigen hundert Jahren hatten sich, einer alten Sitte entsprechend, am Ostermontag die jungen Burschen und Mädchen der Umgebung auf einer Wiese versammelt. Diese grüne Wiese befand sich damals dort, wo jetzt die unheimlichen Wellen des dunklen Teiches im Schein der Abendsonne glitzern. Die jungen Leute trafen sich dort, um zu spielen, zu tanzen und um fröhlich zu sein. Schon nach kurzer Zeit hatten sich viele Paare gefunden und tanzten im lustigen Reigen. Da kam auf einmal ein ungewöhnlich großer, schwarzer Ochse des Weges. Zuerst machte ihn das Getümmel und Gejauchze der jungen Leute unsicher. Dann neckten und verfolgten ihn die Knaben und seine Unsicherheit schlug um in Wildheit und Tollheit und so stürzte er sich unversehens auf die Wiese zu den fröhlich Tanzenden und Singenden. Alle anwesenden Mädchen, Weiber und Kinder flüchteten und suchten Schutz hinter Bäumen, Zäunen und in den nächsten Höfen. Nur die jungen Burschen hielten stand und wollten ihren Mut beweisen.

Jeder der Burschen bewaffnete sich so gut er konnte mit Steinen, Knüppeln und allem was so herum lag, dann sammelten sie sich und stürmten los, um das schwarze Ungetüm von ihrem Tanzplatz zu vertreiben. Aber das gewaltige Tier interessierte sich nicht für die Knaben, sondern tobte mit Gebrüll der schrecklichsten Art auf der grünen Wiese umher. Dann begann es an den vereinzelten Bäumen seine langen Hörner zu wetzen, wobei es heiße Dampfwolken aus seinen offenen Nüstern stieß. Dann trabte es mitten auf die Wiese, senkte sein breites Haupt, riss mit den gewaltigen Füßen die Grasnarbe auf und bohrte seine gewaltigen Hörner tief in den Boden. Durch den Widerstand der sich ihm im Boden entgegenstellte, wurde er immer wütender und begann regelrecht zu toben. Er ließ nicht nach mit wühlen und scharren und schleuderte Erde und Steine in die Luft. Immer tiefer arbeitete er sich so in den aufgebrochenen Boden ein und plötzlich schoss ein Wasserstrahl aus dem aufgebrochenen Boden. Das Wasser schoss mehrere Meter hoch und binnen kurzer Zeit hatte es alles ringsum überflutet. Der Ochse war zuerst verwundert, dann soff er, durstig wie er war gierig von dem frischen Wasser. Aber es ließ nicht nach und so zog sich das Tier zurück und trabte ein Stück davon. Dort war der Ochse wieder beruhigt und ließ sich fangen und fesseln.

Das Fest war zu Ende und alle gingen nach Hause. Aber am folgenden Tag quoll das Wasser noch immer aus der Wiesenöffnung und hatte bereits eine teichgroße Wasserfläche gebildet. Die umliegenden Gehöfte hatten schon Angst, dass ihre Grundstücke gefährdet seien. Aber so rätselhaft wie das Wasser hervorquoll, so geheimnisvoll suchte es sich in einer engen Schlucht am Schlossberg auch seinen Abfluss. Wo das Wasser herkommt und wo es hin fließt, man weiß es bis heute nicht! Der entstandene Teich aber, wurde Ochsenpfuhl genannt und hat diesen Namen bis heute behalten.


gezeichnet von Lisa Berg

 
Sagen, Mythen und Legenden aus dem Harz, Bd. 3
Bernd Sternal (Autor), Lisa Berg (Autor + Zeichnungen)
Sagen, Mythen und Legenden - Band 3Unser dritter Band „Sagen, Mythen und Legenden“ unternimmt, wie seine Vorgänger, eine literarische Reise quer durch die Harzregion. Auch diesmal wird wieder von den Menschen der Region, von geschichtlichen Ereignissen, von der vielschichtigen Landschaft und von unerklärlichen Ereignissen und Begegnungen erzählt. Wir möchten bei der Lektüre Ihre Phantasie noch mehr anregen, denn die ist bei Sagen ein unentbehrliches Instrument. Daher hat die Illustratorin, nach Möglichkeit, die jeweiligen Handlungsorte, seien es Gebäude, Felsformationen o.a. in den Illustrationen noch intensiver bildlich dargestellt. Lassen Sie sich erneut entführen in eine alte, längst vergangene Zeit und freuen Sie sich schon auf den nächsten Band.
Gebundene Ausgabe: 29,90 €
148 Seiten mit 47 farbigen Illustrationen

Taschenbuch: 14,99 €
148 Seiten mit 47 schwarz-weiß Illustrationen

 
 
   

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