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Ein alter Schmied aus Thale lebte mit seiner Tochter und seinen zahlreichen Enkeln in großer Not und Armut. Seine Tochter war Witwe und wusste nicht wie sie ihre Kinder durchbringen sollte. Das bereitete dem alten Hüttenmann Kummer und Sorge, dachte er doch daran, dass er bald sterben könnte und dann hätten die Seinen nichts zum Leben. 

Grafik von Lisa BergEines Tages trug er Eisenstangen aus der Schmiede ins Freie. Da sah er, dass neben ihm ein Zwerg ging und auch Eisenstangen trug. Als nun der alte Schmied die Stangen zählte, bemerkte er, dass draußen doppelt so viel lagen, wie er in der Schmiede gefertigt hatte. Und außerdem benötigte er nur die halbe Zeit wie sonst üblich. Als er dann frühstückte, teilte er mit dem kleinen Gehilfen sein Essen. Der Zwerg bedankte sich für die Mahlzeit und ging seiner Wege.

Von da an kam der Zwerg jeden Tag wieder und half dem Alten und was er anfasste mehrte sich unter seinen kleinen Händen. Der alte Schmied bekam dadurch erheblich mehr Lohn und gab dem Kleinen dafür gern von seinem Essen.

Der Hüttenmeister war sehr erfreut, dass sein alter Schmied so viel schaffte und schickte ihm zwei Gesellen. Die sollten von dem Alte lernen, waren darüber aber sehr verdrießlich und murrten von vornherein. Gleich am ersten Morgen kamen drei Zwerge, die kräftig mithalfen.

Die jungen Schmiede aber schimpften und jagten die Zwerge aus dem Wege. Die versuchten aber trotzdem zu helfen, wo sie nur konnten. Aber die Schmiedegesellen blieben mürrisch und unfreundlich. Und als Essenszeit war, gaben sie den Zwergen nichts von ihrem Brot.
Da musste der Alte an diesem Tag gleich mit drei Zwergen teilen. Nach der Mahlzeit wollten die Zwerge wieder ihrer Wege gehen. Da warf der eine junge Schmied mit einem Stück Eisen nach ihnen. Das traf den kleinen Freund des Alten und schmetterte ihm ein Beinchen ab.

Darauf rief der getroffene Zwerg dem Alten zu: „Bleib morgen zu Hause!“. Dann verschwanden sie. Am nächsten Tag tat der Alte wie ihm geheißen und die beiden Gesellen standen allein in der Schmiede. Da kam der verletzte Zwerg, hatte sein abgerissenes Beinchen wie eine Axt auf der Schulter und sprach: „Das ist mein Orakel. Nun soll kein Schmied mehr etwas verdienen auf dieser Hütte. Das soll hier nur noch eine alte Ruine sein!“.

Der Zwerg verschwand in der Mauer. Strömender Regen begann sich zu ergießen. Die Bode schwoll immer mehr an und die Hüttenleute mussten flüchten. Besonders die beiden jungen Gesellen wurden von den Wassermassen gejagt. Das Wasser schlug über ihnen zusammen und von den Felswänden stürzten Steine und Geröll auf sie ein. Mit blutigen Köpfen konnten sie fliehen und waren froh, mit dem Leben davon gekommen zu sein. Sie hatten so großen Respekt vor unserem Harz, mit seinen Zwergen und Berggeistern, dass sie davon zogen und nie wieder gesehen wurden.

Die Flut verging und die Hüttenleute bauten an anderer Stelle eine neue Hütte. Und die Zwerge kamen in Scharen, halfen und schmiedeten. Das gefiel den Arbeitern und den Herren der Hütte und alle waren freundlich zu den Zwerglein und die hatten eine gute Zeit im Bodetal. Sie bekamen Brot und Milch und halfen dafür nach ihren Möglichkeiten und der Ort und die Hütte gediehen prächtig.

Dann feierten die Hüttenleute ein großes Fest. Dazu ließen sie für den Zwergenkönig ein neues Kleid schneidern sowie ein paar wunderkleine Stiefelchen. Das Röcklein hat den kleinen König sehr gefreut und er hat getanzt und gesungen. Als er aber die wunderkleinen Stiefelchen sah, wurde er sehr betrübt. „Ach, nun muss ich fort“ sagte er, zog die Stiefelchen an und ging mit den anderen Zwergen davon. Nie wieder hat man ihn und seine kleinen Gesellen im Bodetal gesehen.

Nur dem alten Schmied nebst seiner Tochter und Enkeln wurden bis an ihr Lebensende auf unerklärliche Weise viele Geschenke in ihr Häuslein getragen. Wenn nun im Harz ein Mädel einen Schatz hat, so darf es ihm keinesfalls Schuhe schenken. Sonst geht er damit fort, um auch nie wiederzukehren.  


gezeichnet von Lisa Berg

 
Sagen, Mythen und Legenden aus dem Harz, Bd. 2
Bernd Sternal (Autor), Lisa Berg (Autor + Zeichnungen)
Sagen, Mythen und Legenden - Band 2Mythen, Sagen und Legenden prägen den Harz wie kaum etwas anderes, wir begegnen ihnen auf Schritt und Tritt. Sie berichten von geschichtlichen Ereignissen oder einfach nur vom Leben der Menschen. Sie entstanden zu Zeiten, wo Schreiben und Lesen Adel und Kirche vorbehalten waren. Darum wurden sie mündlich überliefert, von Generation zu Generation.

Wir haben sie gesammelt, ihnen ein modernes Kleid geschneidert und sie farbig illustriert. Um sie zu erhalten und weiter zu überliefern, denn leider sind Erzählstunden nicht mehr all zu modern. Vielleicht gefallen ihnen ja unsere Harzer „Geschichten“ aus alter Zeit und sie erzählen sie ihren Kindern und Enkeln weiter?

Gebundene Ausgabe: 29,90 €
144 Seiten mit 42 farbigen Illustrationen

Taschenbuch: 14,99 €
144 Seiten mit 42 schwarz-weiß Illustrationen

 
 
   

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